Neulich bin ich mit meinem Fahrrad raus aufs Land gefahren. Ich habe das Glück, dass ich in einem Randbezirk der Stadt wohne - so ist der Weg ins Grüne nicht weit. Im Gedanken versunken, in dies und das, jedoch mit voller Aufmerksamkeit auf den Straßenverkehr. Vorbei an Wälder und Auen, entlang des Flusses, machte ich an einem einladenden Platz mit Parkbank rast. Hinter mir nur ein Gebäude mit einem überdimensionierten Garten - oder eben etwas Garten ähnliches. Schnell fand ich den Anschlagkasten, der zum Gebäude passte mit einem DIN-A4 Ausdruck - schnörkellos - gänzlich unformatiert - schwarz auf weiß. Oben stand groß: "Hundeschule", in der nächsten Zeile: "Unsere Philosophie" mit einem gelben Textmarker stilsicher in Szene gesetzt. Mein erster Gedanke war: "Oh - da gibt es Philosophen!" - meinen zweiten Gedanken unterdrückte ich, indem ich den Text las: "Jeder Hund hat diesen kurzen Moment in dem er alles richtig macht - unsere Aufgabe ist es, diesen Moment zu verlängern!". Mein erster Gedanke sollte sich bewahrheiten!
Die philosophische Praxis ist im Grunde ein junges und zugleich eines der ältesten Themen der Philosophiegeschichte. Die Gründung der ersten PP [ich kürze philosophische Praxis durch PP ab!] in Deutschland war im Jahr 1981 durch Achbach - kurz darauf in Österreich durch Witzany. Dazwischen findet man in der Chronologie noch Nachnamen wie: Koch, Graefe, Dill, Link usw. Die Liste der Namen bis zur Gegenwart hat sich dementsprechend erweitert, sodass die PP zur Realität wurde und den Zustand des Projekts verlassen hat. Also nach ca. 40 Jahren müsste sogar die Evaluierungsphase beendet sein und irgendwo in einer philosophischen Fakultät in irgend einem deutschsprachigen Land, wird ein_e Dissertant_in über die Forschungsfrage: "Wie sieht die Momentaufnahme der PP in Deutschland aus?" sinnieren, wen Sie_Er es nicht sowieso schon getan hat. Ich gebe es gleich zu (der kritische Leser hat es eh schon herausgefunden): "Ich habe mich nicht mit der weiterführenden Literatur zum Thema beschäftigt und ich habe auch nicht die Publikationslisten alle Universitäten gesichtet." und das ist auch gut so. Denn darin merkt man auch schon den ersten Unterschied zwischen der akademischen Philosophie und aller anderen Formen von Philosophie. Und dieser Unterschied wird noch tragend für die Begründung der philosophischen Praxis sein. Also - und genau das passierte auch im Laufe der Geschichte - trennt sich wieder ein Teilbereich, eine Disziplin von der Philosophie ab und emanzipiert sich gegenüber ihrer Mutter, der reinen Philosophie. Zum Beispiel, erlangte die Psychologie erst sehr spät das Selbstbewusstsein um von der Philosophie getrennt seinen bzw. ihren Weg zu gehen - die Mathematik schaffte es schon viel früher. Die Logik traut sich so nicht ganz - aber sie gewinnt schon an Selbstvertrauen, nur allein durch die Informatik und dem ungebrochenen Interesse daran. Andere Disziplinen schaffen es auch ganz gut allein - die Ethik, die Ästhetik, die Philologie, alle Sprachen - die Literaturwissenschaften. Sie alle sind Geisteswissenschaften und sie alle waren schon unter dem Deckmantel der Philosophie in Ausbildung. Und so, wie sich diese Wissenschaften von der Philosophie trennten - um eigenständig zu sein - wird es auch die akademischen Philosophie bald schaffen, sich selbst ausreichend zu definieren und sich von dem zu trennen, was sie selbst in sich als Argument trägt. Denn die akademische Philosophie besitzt schon jetzt eine eigene Sprache - sie besitzt Methoden - sie hat sogar einen eignen Telos. Die akademische Philosophie hat den Zustand der Knechtschaft schon lange überwunden - aber es zur Herrschaft leider noch nicht geschafft. Und weil ihr Ethos, der der Sekundärliteratur ist, kann sie ohne bedenken für sich die Auszeichnung der Wissenschaftlichkeit ans Revers heften. Die akademische Philosophie (dümpelnd in der Welt der Sekundärliteratur) wird niemals mehr erfahren, als was ihr die Primärliteratur an Speisen vorsetzt und dennoch, obgleich sie niemals in der Geschichte jemals Grenzsteine versetzt hat, soll sie als die Schmiede der akademischen Elite betrachtet werden. Was sie auch Zweifellos ist - den sie ist eine vergleichende Wissenschaft, die ihre Erkenntnis nicht monoton sonder aus dem gesamten Kanon des Erfahrbaren ableitet und in Folge Schlüsse, Verbindungen, Ähnlichkeiten und Widersprüche herausdestilliert um daraus eine höhere Wahrheit zu deduzieren. Komischerweise, finden sie zwar Gemeinsamkeiten zwischen z. B. Marx und Hobbes, wo der eine den Sozialismus und der andere den Liberalismus begründet haben - doch, dass sie einen eigenen Gedanken finden, der noch nicht schriftlich niedergedrückt wurde - ist ihnen nur allein durch den Anspruch der Wissenschaftlichkeit gänzlich verwehrt. Konsensuelle Wahrheiten - inhaltliche Übereinstimmungen in der Weltgeist-Datenbank und Verbindungen zwischen dem Text, dem Wort, dem Logos und einer anderen Entität die sich Gleichartig gebietet und damit unmittelbar einfließen darf. Regeln und Normen bestimmen ihren Alltag - obgleich sie alle Feierabend gelesen haben. Ihr Zitate sind brav aufgelistet - man will doch nicht einen fremden Gedanken als den eigenen verkaufen - und ihre hermeneutische Methode hieb-und-stich-fest. Sie erkennen ihren philosophischen Moment nur indem sie den konstruktivistischen Moment der Erkenntnis negieren und ihn dadurch unterdrücken - sie unterdrücken ihre eigene Erkenntnisfähigkeit - sie unterdrücken alles, was Philosophie in Wahrheit und in ihrer Falschheit ist. Natürlich hat irgendeine metaphysische oder göttliche Kraft (womöglich sogar Apollon selbst) einige dieser akademischen Philosophen beflügelt, sodass ihr Dasein als spezialisierte Geschichtsinterpreter oder Methodenanwender oder Sophisten des gemeinen Dogmas überwunden wird und sie es schaffen - im Sinne der echten Philosophie zum Konstruktivisten zu werden um den Gedanken der Zeit mit der Sprache der Zeit zu verbreiten. Sie alle sind jetzt Marktschreier - die aus ihrer Arbeit das Wechselbad zwischen Wertschätzung und Verwertung gefüllt haben. Ihre Worte reduzierten sich auf die wenigen (verwertbaren) und verleihten ihnen die Unsterblichkeit, weil sie wie die Geschichten der Ahnen erzählt und erzählt und erzählt wurden, immer mit dem Zitat und den Namen seines Schöpfers. Und genau jene sollen also die Befähigung haben, eine Praxis zu gründen - eine philosophische Praxis? Die Überlegung ist folgende: Sokrates (er bleibt wohl unsterblich) war der Begründer einer neuen Philosophie - eines neuen Denkens (⇐ genau diese Fähigkeit unterscheidet ja auch m. E. den Philosophen vom akademischen Philosophen) der die Mitbürger_innen von Athen langsam aber doch von der Naturphilosophie (der Philosophie der vier Elementen und dem Nous) hin zu einer Philosophie der Moral und Ethik führte und gleichzeitig die erste Methode bereitstellte - die Mäeutik - die Hebammenkunst der Erkenntnis - die Frage und die aufrichtige Einstellung auf die Antwort der Frage zu warten, weil man selbst die Antwort sowieso nicht kennt. Ich würde fast behaupten, Sokrates war der Erfinder des Fragezeichens - für unsere Welt wohl ein so wichtiges Zeichen, das es auf der deutschen Tastatur unmittelbar nach der Null kommt. So wird vielleicht dem Nous erst durch seine Negation der Null - des Nichts - Rechnung getragen. Nicht indem wir das eine oder das Andere verstehen können sondern vielmehr, dass wir dem fragend gegenüberstehen und das wir dem Fragenden ein Zeichen verliehen haben, ist wohl der beste Beweis dafür, das wir als Gesellschaft nichts von allen akzeptieren aber alles als solches wertschätzen müssen. Jedoch: Befreien wir uns von der Frage - so befreien wir uns auch von der Antwort, die wir und alle selbst so gerne geben möchten? Na dann, mind. 8 Semester Philosophie (20 Wochenstunden - in ECTS ca. 30 pro Semester) und jetzt haben wir schon die Befähigung um eine PP zu gründen? Ja - und traurigerweise sogar schon lange vorher. Warum? Nun - Achbach (der erste Gründer einer PP in Deutschland) sieht seine Arbeit als Erweiterung zur Psychotherapie. Er meint - wenn die Psychotherapie nicht ausreicht - so soll man eine PP aufsuchen. Der Unterschied in seiner Welt: Die Psychotherapie reicht nicht, um die Schmerzen des psychischen Leids zu lindern, und geht einen anderen Weg - den Menschen nicht mehr als als Klienten zu sehen, sondern als Besucher und auch gleichzeitig keine Behandlung sondern eine Verhandlung zu führen. Er will auch den Besucher dadurch heilen, indem er sich selbst heilt. Und diese Selbstheilung soll durch eine "Bereicherung-Veränderung" des Denkens passieren. Gut und Schön - nur hat das Konzept schon allein (und ich weis, das sein Kontostand definitiv höher als meiner, was allein in unserer post-kapitalistischen Gesellschaft schon als Legitimation reicht) das Problem, das ein Heilen von psychischen Problemen, jenseits der Möglichkeiten der Psychotherapie nur dann möglich ist, wenn der_die Therapeut_in auch wirklich alle Möglichkeiten der Psychotherapie kennt und erst danach, sozusagen als Krönung von allem, die Philosophie als therapeutische Maßnahme vorschlagen kann wird nicht vorausgesetzt. Das ist jetzt schwierig zu erklären, weil nun - und das ist der Tenor der Zeit - alle Maßnahmen über dem Normwert schon als Philosophie betrachtet werden. Ein genialer Betriebswirt - schafft er nicht nur den gewünschten höheren Gewinn für ein Unternehmen, sondern beflügelt noch alle seiner Untergebenen, wird von den einen als Gott, von den Anderen als Philosoph seines Faches betrachtet. Somit müsste also, ein Psychotherapeut die Ausbildung zum Psychiater vorweisen können um danach erst die philosophische Praxis als Heilungsinstanz anzubieten zu können. So dann nur auch, wenn er sich mit der Philosophie ernsthaft auseinander gesetzt hat. Die Vorstellung eine PP könnte als Alternative zur Seelsorge des ansässigen Paffens dienen, ist definitiv haltbar aber nicht begründbar. Warum? Ein Philosoph - hat auch welche Ausbildung ever - bekommt niemals irgend welche Superkräfte verliehen, wie sie von andern Studienfächern bekannt sind. Er kann keine besonderen Medikamente oder Drogen verschreiben - er kann nicht über Schuld oder Unschuld entscheiden und ein Philosoph kann auch kein Zeugnis ausstellen - außer natürlich dem Zeugnis seiner eigenen Subjektivität, und jenes Faktum erlaubt ihm nichts maßgebliches zu bieten, das auch im Vergleich eines Nächsten stand hält. "Du sollst nicht falsch Zeugnis ablegen wider deinen nächsten" bedeutet für den wahren Philosophen auch dass er nicht "die Wahrheit geltend machen kann, wider die Wahrheit seines Nächsten". Wo wir dann auch wieder das Moment des Besonderen dieser Wissenschaft finden: "Der Philosoph ist nur der Wahrheit verpflichtet" - nein, er ist genauso im gleichen Ausmaß auch der Falschheit verpflichtet und ob er_sie nun verifiziert oder falsifiziert ist ihm nebensächlich - doch dem Resultat immanent. Ach ja - die PP: Warum muss immer eine philosophische Praxis Problem behaftet sein? Warum kann eigentlich ein potentiell zahlender "Kunde" nicht einfach nur in die Praxis kommen um ein Coaching für den nächsten Cocktail-Abend im elitären Kreis zu bekommen - wo bekannterweise Intellektuelle geistreiche Bemerkungen abgeben und der Rest der Entourage schweigsam sich in ihrer eigen Nichtigkeit wiederfinden. Und natürlich darf man nicht vergessen - das jemand, der das Firmenschild sieht: "Philosophische Praxis" eigentlich nur in der Erwartung verbleibt, wo sich die Frage befindet: "Was zum Henker ist philosophische Praxis?" und deshalb auch in die Lokalität gehen. Sicher - sie sind schon nah an dem was als Theoretische Philosophie taxiert - nämlich der Frage was ist: "Philosophie überhaupt?" und das ist die tragende Frage die überhaupt von Bedeutung ist.
Die österreichische Gewerbeordnung hat da auch noch ein Wörtchen mitzureden. In Österreich wird zwischen reglementiertem und freiem Gewerbe unterschieden. Um ein reglementiertes Gewerbe zu eröffnen, muss man eine Latte an Anforderungen erfüllen (z. B. Befähigungsprüfungen, Nachweis über erbrachte Ausbildungen, Praxiszeiten usw) um das Gewerbe zu starten. Freie Gewerbe sind Nomen-est-Omen: Frei. Mit unbedeutenden Einschränkungen wie z. B. dem Alter, aber sonst für jeden zugänglich und möglich. Ob die vielen Hürden zum Eröffnen eines reglementierten Gewerbe zum Schutze des Kunden oder zum Schutze des Standes sind, will ich einfach einmal dahinstellen - soviel sei aber gesagt: Diese Hürden sind hoch. Es gibt auch Listen von Beispielen für reglementierte bzw. freie Gewerbe - die philosophische Praxis wird dort aber nirgends explizit erwähnt. Dafür ist Lebens- und Sozialberatung definitiv reglementiert - Bildungsberatung frei. Fremdenführung ist reglementiert, Handel mit Waren aller Art ist frei. Durch den Verordnungsdschungel kann sich mit einer Machete durchkämpfen oder man konsultiert vorher einen Fachmann für Rechtsfragen. Wie auch immer - Vorsicht ist auch hier das Gebot der Stunde. Also: Eröffnet man eine Praxis, wo jedes Beratungsgespräch mit einer Bildungsempfehlung beendet wird, könnte vielleicht der Umstand der Freiheit zum tragen kommen. Aufpassen sollte man da schon, wenn man im Praxis-Flyer angibt, man begleite den Besucher durch die unendlichen Welten des menschlichen Geist - ist das schon Fremdenführung? Da wäre es wahrscheinlich noch am vernünftigsten, man eröffnet einen Handelsbetrieb mit Waren aller Art und deklariert die eigenen Gedanken als Handelsware. "Philosophische Praxis" stünde dann nur im selbsternannten Firmenwortlaut - aber das ist doch egal, den das Ziel sollte darin begründet sein, sich selbst Produktionsmittel des Geistes (z. B. Bücher) mit steuerlichen Vorteilen anzueignen und selbstverständlich das Ausstellen einer Rechnung, die dann das Butterbrot für Zuhause finanziert und Kosten des Betriebes abdeckt. Die Uni-Wien ist da schon auf den Zug aufgesprungen und bietet den postgradualen Lehrgang "Philosophische Praxis" an. In nur 4 Semestern hat man 60 ECTS mehr am Bildungskonto und € 7.300,- weniger am Girokonto. Dafür bekommt man "schwarz-auf-weis" die Erlaubnis "Akademische philosophische Praktiker_in" auf die Visitenkarten zu drucken. Wo wir dann auch schon wieder beim Problem sind - den um ehrlich zu sein, kann eine akademische philosophische Beratung (bzw. Behandlung oder Verhandlung) nur wie folgt aussehen: Der_die Besucher_in/der_die Klient_in kommt mit einem Problem. Der_die Praktikerin hört sich das Problem an - denkt kurz darüber nach und gibt dann eine Buchempfehlung ab. "Sie meinen, sie stecken in einem Hamsterrad" - lesen sie doch mal Camus' Mythos des Sisyphus. Soviel sei schon verraten ..." - damit wäre es im Wesen der akademischen Praxis auch schon getan. Das Buch ersetzt das Rezept - Heilung accomplished. Natürlich ist der akademische Philosoph auch umfangreich in den Wissenschafts-Wissenschaften trainiert. Beratung bei der Erstellung eines empirischen Fragebogen für eine Sozialwissenschaft als "betriebsfremde Person". Überprüfung eines Gesetzesentwurf auf logische Richtigkeit - auf argumentative Stringenz. Das alles kann man aber auch als freischaffender Philosoph bzw. freischaffende Philosophin tun. Das Problem liegt eher daran, dass sich die Praxis immer mit der Theorie in dialektischer Wechselwirkung befindet. Wie kann das eine vom anderen getrennt werden? Wieso sollte ich nicht phil. Rat in einer Buchhandlung für geisteswissenschaftliche Literatur oder beim Wirt neben suchen? Deshalb hat auch die PP den Charakter einer öffentlichen Bibliothek - in welcher der_die Bibliothekar_in definitiv nicht alle Bücher gelesen hat aber dennoch einen Lesetipp zu jeder Leselust abgeben kann. Deshalb müssen wir uns fragen, ob die PP wirklich am freien Markt funktioniert, oder ob sie ein Angebot der Kommune werden soll. Eine Stadt - eine Gemeinde, stellt einen Philosophen ein und dieser tut halt seinen Job - alles von einem öffentlichen Büro aus, mit Öffnungszeiten und Verwaltung - eine Heterothopie in der der_die Philosoph_in werkt. Ob er nun auch Altgriechisch Nachhilfe gibt oder bei Lebensfragen die klassische Seelsorge des hiesigen Priesters entlastet, sei auf die Fähigkeiten des Einzelnen beschränkt - der Erfolg wird sich schon irgendwie ergeben - ist es ein negativer Erfolg, so muss er_sie wohl wieder zurück zu seiner Schreibmaschine um Primär- oder Sekundärliteratur zu generieren - auch definitiv eine wichtige philosophische Arbeit (die Marktform bestimmt dann die Menge der Butter auf seine_ihrem Brot). Hier haben wir auch schon das zweite große Problem der PP. Sie meint immer noch, sie sei in der Tradition des Sokrates der auf der Agora seine Arbeit verrichtet. Das er es auf der Agora und nicht im Pantheon oder der Akropolis tat, war seine Entscheidung. Auch lud er nicht seine Studierenden in seinen Garten wie es Epikur tat. Nein - er entschied sich bewusst für die Idole des Marktes. Und gegenwärtig glauben wir noch, dass die Idole des Marktes auch jene der Philosophie sein sollen. Verpflichtet sich z. B. nun ein_e Philosoph_in im Rahmen der Idole des Theaters zu agieren - wie sähe dann eine PP aus? "Ich habe eine Einladung zu einer Cocktail-Party in höherer Gesellschaft - haben Sie ein Gesprächsthema das ich anschneiden kann um sophisticated zu wirken?" - "Ich möchte ein Kabarett schreiben - helfen Sie mir dabei?" aber am ehesten --> "Ich will mich heute betrinken und ich habe keinen Saufkumpanen - kann ich Sie für heute engagieren?". Ändert man die Idole so ändert sich also auch die phil. Tätigkeit. Was übrigbleibt ist immer wieder die Frage nach der Theorie, die es dafür zu erforschen gilt. Und weil nun mal die Philosophie einst: das Non-plus-Ultra, dann: die Magt-der-Theologie und nun eine Hilfswissenschaft (so wenn man die Philosophie als ganz gewöhnliche Wissenschaft begreifen will) war und ist, so erkennen wir auch langsam ihr Wesen und begreifen den Hype um sie herum nicht und spotten zynisch über das mangelnde Interesse der Anderen. Weil - und seien wir uns ehrlich - das einzige Theorem das die Philosophie jemals im Konsens und von allen bisher bearbeitet wurde - die Frage nach: "Was ist Philosophie?" eigentlich ist. Dementsprechend viele Bücher gibt es mit dem selben Titel - die Folge ist noch verehrender. Genau das ist auch, der Grund warum ein Mensch in eine philosophische Praxis geht - er (der Mensch) möchte wissen, was eigentlich diese Praxis anbietet - er_sie möchte wissen, was Philosophie ist und kommt ohne wirklich ein Problem zum Lösen in die Praxis. Die Neugierde ist die einzige Triebfeder und Emotion der Philosophie. Möge der Mensch neugierig bleiben - es wird nicht zu seinem Schaden sein! Das dritte Problem ist nun die Legitimation zur philosophischen Praxis. Egal welche Ausbildungen - wie viel Bücher man gelesen und wie viele Gespräche man geführt hat. Wie viel Zeit man mit denken verbracht hat. Sich selbst als Philosoph zu bezeichnen ist ein einfacher und zugleich auch der schwierigste unter allen Entscheidungen jemals. Denn ist ein Florist, der über die Schönheit einer Orchidee sinniert Philosoph? Ist ein Tischler, der dem Kunden zu Kirsch und Mahagoni rät und in höchsten Tönen von der Echtheit dieser Materialien schwärmt ein Philosoph? Ist der Koch, der neue Speisen schafft - jenseits aller bekannten Rezepte - ein Philosoph - nur weil die Speisen gut sind und alle drei Beispielberufe von den Mitmenschen als Genie betrachtet werden? Schafft man den Weg zum wahren Philosophen, wenn man die Transzendenten Gut, Wahr und Schön überwindet und vom Visionär zum Philosoph wird? Ich sage ja - in einer idealen Welt - in der realen aber (und diese Realität ist Graz - 2020 n.Chr) ist ein Philosoph erst Philosoph wenn er sich dem Kampf stellt und dieser Kampf ist (im Vergleich zu anderen Kämpfen) recht einfach - gerade zu simpel - trivial. Man kämpft gegen den Nächsten seiner eigenen Art - man kämpft gegen den besten Freund im Geiste. Und man wird genau in zwei Disziplinen sich zu beweisen wissen müssen: 1. Man bekommt die mangelnde Intellektualität seiner Gedanken als Kritikform untergeschoben. In einfachen Stadien reduziert es sich auf Kritik der Grammatik, dem Satzbau, der Orthographie. Im höheren Sinne wird Kritik am Gedanken geübt. Zweifellos ehrenhaft - so wenn wir den gemeinschaftlichen Wunsch eines höheren (wahren, schönen und guten) Gedanken frönen. 2. Die zweite Kritik ist definitiv konsequenter - den sie zielt darauf ab, das man einem unterstellt - er_sie habe nicht verstanden was Philosophie überhaupt sei. Diese Kritik steht im Geiste der vollkommenen Philosophie - nämlich der Frage: "Was ist Philosophie" überhaupt?