Ewig ein Diskussionsthema, und in Zeiten wo Ideen in die Quarantäne geschickt werden - nur weil die Gedanken sich nicht mehr auf eine einzige Person konzentrieren, sondern vielfach auf unterschiedliche Mitmenschen verteilt werden - Stoff genug, um meine Meinung auch zu diesem Thema kund zu tun.
Nein, also wirklich nicht. Wo kämen wir da hin wenn der Religionsunterricht durch einen Ethikunterricht ersetzt werden soll? Nicht jetzt, weil mir die Vormachtherrschaft einer Religion so am Herzen liegt und auch weil erst dank dem Religionsunterricht die jungen Menschen zum kritischen Geist herangezogen werden, die dann wider die Religion sich auflehnen. Nein - die Abmeldung vom Religionsunterricht ist eine heilige Institution im Tagesablauf eines normalen Schülers und auch einer normalen Schülerin. Der obligatorische Kirchenbesuch zum Schulbeginn - abgehalten im Stammlokal der jungen Menschen.
Nur allein - obligatorisch wird hier schon in Frage gestellt. Und wenn dann der Tross von braven Lehrer|innen und den ebenso braven (wenn nicht sogar noch braveren) Schüler|innen an jenen Kirchenschwänzer|innen vorbeidefilieren, weiß man - ja Schule ist Gemeinschaft! Nur die Vorstellung allein, dass die jungen Menschen nicht mehr eine monotone Version von Gut und Böse und dem ewigen Kampf des Menschen gegen beides aus der Sicht von Kirche, Moschee oder Synagoge erfahren dürfen - sondern ein breit angelegtes, didaktisch aufgearbeitetes, mit Kompetenzen Versehenes und voll strukturiertes Gesamtangebot zur Bewältigung aller Fragen von Tugendhaftigkeit und kritischer Selbsterfahrung bis hin zur Diskursethik plötzlich erfahren sollen, ist doch unzumutbar. Ja natürlich will man den Philosophie-Unterricht lieber in den höheren Klassen einer weiterführenden Schule - insbesondere in einem Gymnasium - beheimatete wissen. Gut nachvollziehbar! Denn der einfache und auch die einfache Absolventin einer NMS wird nicht besonders viel Freude an kritischer Reflexionskompetenz beim Vorstellungsgespräch für eine Lehrstelle haben. Noch weniger der Lehrherr - hier in Österreich! Käme nun aber der junge Mensch schon so früh zum Trog der Erkenntnis - wo er noch nicht einmal seine volle Religionsfreiheit hat und weiterhin den Glauben seiner Eltern vollziehen sollte - um sich daran zu Laben und in Folge seine Taten und Handlungen, mein Gott sogar seine Maximen überlegen kann - wir alle würden in einem Moloch des Untergangs und der ständigen Gefahr durch Satan indoktrieniert zu werden, enden.
Oder - der|die junge Lehrlingsentschädigungsempfänger|in hinterfragt kritisch die 1% Kirchensteuer - zahlbar jedes mal am Ende des Jahres - KATASTROPHE! Und dabei geht es sicher nicht um das duale System in Ö, DE und der Schweiz. Niemals - die Lehre ist oftmals sogar die bessere Ausbildung - ob nun was die Job-Satisfaktion oder sogar die Einkommensmöglichkeiten betrifft. Eine Lehrstelle in Bereichen, wo es keine analoge HTL oder HLW gibt (ich denke z. B. an Steinmetze oder Bootsbauer) ist definitiv eine Nische die sowohl zur Glückseeligkeit im Beruf als auch zum ordentlichen Salär führt. Es heißt nicht umsonst - die Berufswahl ist schon das erste Merkmal von Intelligenz. Und wenn schon ein junger Mensch weiß, was er will und seinen Willen konsequent verfolgt, ist er weiter als jeder und jede Maturantin es je sein wird. Selbstverständlich wollen jene die eine 4jährige Maturität anstreben, so schnell als möglich Arzt, Anwalt oder Pfarrer werden - und selbst wenn er oder sie, sein|ihr Studium abbricht - er|sie kann noch immer Bundeskanzler|in werden. Aber das Studium ist genau jener Teil, der von der Ethik dominiert sein sollte. Gerade erst im tertiären Bildungsabschnitt muss der Azubi mit Ethik konfrontiert werden - die Ethik ist der krönende Abschluss eines Professionalisten. Arzt und Anwalt werden mit den ethischen Problemen ihres zukünftigen Amtes konfrontiert und sollen aus dieser Erkenntnis heraus ein unbestechliches und integeres Mitglied der Gesellschaft werden.
Nur wenn ich jetzt aber zu einem Friseur gehe und jener vor der Frisur über die Maxime seines Handelns als allgemeine Gesetzgebung konfrontiert werde - ist mir allein der Stundensatz zu viel. Auf der anderen Seite - wenn ich zu einem Arzt gehe und darauf vertrauen darf (ich brauche hier nicht einmal von Hoffnung sprechen sondern wirklich von Vertrauen), dass seine Behandlungsmethoden (mögen sie parenthetisch sein oder anders ausgelegt) nicht darauf hinauslaufen mich als Versuchsobjekt für eine neue Medikation zu betrachten - oder als Melkkuh für die Pharmaindustrie hinstellen oder er|sie unnötige Behandlungen veranlasst, bin ich sehr zufrieden, dass Ethik den krönenden Abschluss bildet.
Gut und Böse sind die Vorurteile Gottes - so hat es Nietzsche schon einmal verfasst - und er war einer der bösesten Religionskritiker gegen das Christentum ohne Vergleich. Und Ethik ist kein Ersatz für Religion - mein Gott, das Eine hat mit dem Anderen nichts zu tun - sie haben Schnittpunkte.
Das gegenwärte Modell - in welchen sich jeder vom Religionsunterricht abmelden kann - wie es ihm oder ihr gefällt, ist ein Zeichen der Religionsfreiheit und damit ein grundlegendes Symbol des Freiheistsprinzip. Selbstverständlich, darf ein Religionsunterricht nicht durch Bund, Land oder Gemeinde finanziert werden. Die Gehälter von Religionslehrer|innen müssen auch von den Religionsgemeinschaften getragen werden. Das heißt, am Kontoauszug steht Vatikan und nicht Österreich - und ein vernünftiges Kostenbeitragsmodell zur anteiligen Nutzung von Räumlichkeiten muss selbstverständlich auch verrechnet werden.
Auch ist die Teilnahme an Notenkonfernenzen udgl. für Religionslehrer|innen nicht vorgesehen - sie können natürlich als stille Zuhörer|innen daran teilnehmen - aber ein wirklich Impuls zur Beurteilung von Schüler|innen-Leistungen ist eher unpragmatisch. Diese Forderung betrifft natürlich alle Religionsgemeinschaften gleichermaßen - denn wir wollen doch nicht im Bolschewismus enden. Nur weil es von einer Gemeinschaft so viele und von der anderen so wenige gibt, können wir nicht sofort daraus ein Primat der Vorherrschaft ableiten. Mit anderen Worten: Ob Gott, Allah, Jehowa - einerlei - die Religionsgemeinschaft muss ihren Unterricht selbst finanzieren. Aber zurück zum Ethik-Unterricht. Nein - auch wenn es eine Job-Opportunity für unsere am Hunger-Tuch nagenden Geisteswissenschaftler|innen sein kann, so wollen wir zwar das Amt bereitstellen, aber keine Verpflichtung daraus deduzieren. Warum? Weil wir, bei den Unterrichtsprinzipien eigentlich noch viel Spielraum haben. Neben: "Umweltkunde, Medienkunde, Politische Bildung, Sexualsbildung und Gender Mainstream und so weiter und so weiter" für alle Lehrer|innen noch den Impuls zum ethisch korrekten Leben geben können. Deutsch- und Englischlehrerinnen (so wenn sie nicht allzu überfordert sind, mit Zeitthemen) können doch Impulse zur Moral geben - und sie tun es und sie werden es auch weiterhin tun.
Das verlangt zweierlei Dinge --> Erstens: "Das schon in der Lehrer|innen-Ausbildung der Aspekt Ethik hervorgehoben und gleichzeitig auf den Aspekt Religionspädagogik verzichtet wird" und Zweitens: "Das Unterrichtsprinzip Ethik formuliert wird!".