Philosophie
Eine Frage des Verstandes!
vom 08. März 2019

In einer konsumorientierten Gesellschaft, wie der meinigen um mich herum, muss das reine Denken ersteinmal entkriminalisiert werden, bevor überhaupt mit den großartigen Entertainment des Gehirns begonnen werden darf. Wo sich ein Gruppe formiert die das Denken als geistige Onanie stigmaisiert und die andere Gruppe dem Denken das menschlich höchste Gut verleiht, stehe ich und sage: "Leute, Ihr habt alle zu gleichen Teilen unrecht".

Während die einen zwar das notwendige kritsche Reflektionsvermögen besitzen um ein tatsächlich gutes (damit meine ich ein moralisch|ethisch|tugendhaftes) Leben zu führen; Ihnen es aber die Stimme verschlägt, wenn sie ihre kognitiven Erkenntnisse zum Besten geben sollen um gegen geltendes Unrecht zu sprechen - nur allein, weil sie paralysiert sind durch die Vielzahl der Gedanken und ihrer Komplexitäten und so gezwungen sind geltendes Recht auszuspeien, die reproduktive Leistung einen Gesetzestext vorzutragen - auf pädagogischer Ebene die Erste und Unterste in einer Taxonomie der Leistungen des Geistes. Und auf der anderen Seite jene kleinen Geister mit lauter Stimme, die schon allein durch die Wortwahl dem Gesprächspartner klar machen: "Ich habe meinen Geist noch nie auf Reisen geschickt - das wäre nur dekadenter Unsinn" um so mit einer begrenzten Anzahl von erlernten Phrasen eine phonetische Kette zu erzeugen - die sicherlich akustisch als Satz durchgeht - doch inhaltlich im besten Fall nur ein körperliches Bedürfniss ausdrückt. Diese Mitmenschen trainierten sich Unmengen an Reiz-Reaktions-Phrasen an, die sie tatsächlich als sophisticated erscheinen lässt - nur nicht den Schein verlieren ist ihr Credo. Auf die Frage: "Wie geht es dir?" kommt dann ein: "Wie es die Anderen wollen" oder "Man kann nicht besser klagen" - meine Mitmenschen unterlassen die Frage schon und führen sie lieber gleich geschlossen aus: "Geht's gut?" - "Geht es dir gut?". "Ja, nein, abbrechen?" - es wird nicht lange Dauern, bis Kommunikationstaktiker auch auf diese Frage die passende Antwort finden - obgleich sie doch nur eine Einstiegsfrage in einem langen glorreichen und unterhaltsamen Prozess des "small talkings" - ich als Verfechter und Liebhaber allem "Small Talks" halte am Unterhaltungswert fest - abgeblockt haben. Noch ehe die 'lange Winternacht' durch Smalltalk wie im Flug vergehen soll - wird sie im Anfangsstadium abgewürgt. Die Besonderheit von Smalltalk ist, das sie immer trivial beginnt und in einer Besonderheit endet. Wir alle kennen jene guten Gespräche, die irgendwann den Satz "... ja, aber worum ging es eigentlich?" fortgesetzt werden - die Antwort im Smalltalk: "Ich wollte wissen wie es dir geht!" (hört man selten, eher noch: "Ich wollte wissen wie es DIR geht!"). Kurz mal zur Erklärung wie SmallTalk funktioniert:

  1. Jemand spricht einen Satz. z. B.: "Der Kaffee ist eiskalt".
  2. Ein anderer kommentiert den Satz. z. B.: "Wenn du was warmes willst dann bestell ein Bier".
  3. Ein anderer rettet den Satz. z. B.: "Der Kaffee war schon immer eiskalt".
  4. Wieder jemand rettet den Kommentar: z. B.: "Ich habe hier schon einmal ein Bier bestellt - da ist nur der Preis eiskalt".
  5. Die Punkte 2 bis 5 wiederholen sich solange bis es zu einer Pointe kommt und alle lachen. Alternativ: Wiederholen sich die Punkte 2 bis 5 und es entsteht ein kontemplativer philosophischer Zustand - anders ausgedrückt: keiner Lacht.

Um nun also das gute Gespräch zu retten, brauchen wir wohl wieder ein neues Anglizima: "Easy Talking" vielleicht. Ich als bekennender Hermeneut kann in so einem Gesprächssetting meiner Leidenschaft fröhnen: Fragen stellen und mit großen Bemühen alles zu verstehen. Das erlaubt mir dann auch zwischendurch mal die Unterbrechnung: "Ich verstehe!" (und wenn auch nur akkustisch). Bin ich da eigentlich alleine - denn immer wenn ich eine Frage stelle und der Antwort lausche, mir im Kopf schon die nächste Frage entsteht? Die Pythons haben schon den Gedanken: "The meaning of life is searching for something to say" geprägt. Wann wurde das letzte mal "der Sinn des Lebens ist die Suche nach etwas zu hören" offen ausgesprochen? Einfach nur hören - nicht zum Dienste es zu Wissen oder um das infantile Bedürniss zu Lernen Befriedigung zu verschaffen. Das gesprochene und gehörte Wort ist eine der größten Errungenschaften des kollektiven Bewusstseins - das müssen wir uns in unser individuelles Bewussstsein einfließen lassen um dem Kollektiv wieder anzugehören. Gleichzeitig erkennen wir sofort die Problematiken des kollektiven Bewusstseins - erstens: wird im Kollektiven der Gedanke das tragende Fundament des Bewusstseins und zweitens: gibt es denkbar effektivere Methoden den Gedanken zu transportieren als die Unzulänglichkeit der Sprache es ist. Ich möchte schon im Vorfeld die Bedeutung eines "kollektiven Bewusstseins" relativieren - denn schließlich ist jegliches Kollektive nur eine Ansammlung von Individuen zu einem Ganzen. Das Bewusstsein als solches definitiv ein wichtiges Argument in der Ontologie ist und damit die Seins-Problematik determiniert, entbindet das Sein nicht von seiner Existenz, da das Sein jenseits seiner Bewusstmachung oder -werdung vorhanden ist und ist. Die Seins-Frage (interkulturell und intersprachlich) ist nicht nur auf ein Hilfsverb der Sprache selbst reduzierbar - 'sein' als Verb ist omnipräsent - es ist das Ur-Verb, das Master-Verbum per se. Es verlangt ein Adjektiv. Es verlangt für das Sein eine Beschreibung - das Sein allein ist absurd - jedoch ontologisch betrachtet der einzige Zugang! So allein, wird das Bewusstsein ein Indikator des Seins selbst - und ein "Ich denke, also bin ich" ist zu wenig um das Sein vollständig erklärbar zu machen - es erklärt im besten Fall nur eine Indikation des Bewusstseins (ob kollektiv oder individuell) und sollte weiterhin so verstanden werden, wie sie in ein gegenwärtiges Weltbild passt. Der Skeptiszimus des kritischen Rationalismus beweist einzig, dass ein negatives Denken über das Sein (ein "ich bin nicht") und sein Anzweifeln erst zum realistischen Faktum führt. Einfach ausgedrück ein: "Ich denke also bin ich" mag unter kritisch/skeptischen Prämissen wahr sein, jedoch ein "Wir denken, also sind wir" gänzlich (sowohl rational als auch logisch) falsch ist. Entbindet es einem Nicht-denkenden Indviduum im Kollektiv von seinem Sein? Kritisiert das Individuum seine eigene Fähigkeit sein Sein durch Denken zu verfizieren, ist es dann noch immer Teil des Kollektivs? Nein, nur allein weil Denken per se Einfluss auf das Bewusstsein hat, ist es noch immer nicht ein Indikator für das Sein - im weitesten sogar für das Kollektive Sein, das bisher noch nicht erwähnt wurde. Es dürfte damit klar sein, wie ein individuelles Denken keinerlei Einfluss auf ein kollektives Bewusstsein hat - solange es nicht zum kollektiven Denken wird - das insich schon absurd ist, da das Denken einzig und allein Individuell ist und genauer genommen nur Individuell erfahrbar ist. Einfache Erklärungen gibt es genug. Zum Beispiel bei Freud: Das Ich ist dreigeteilt. Das Ich, das Es und das Über-Ich. Das Ich bewahrt in philosophischer Sicht seine Konsistenz und bleibt bestehen - das Es ist mehr oder weniger ein psychologisches Attribut zum Ich. Aus rein philosohischer Sicht erzeugt das Es rein einen verwaltungswissenschaftlichen Aspekt um das das Ich gänzlich von Eigenschaften abzugrenzen die dem Ich aus philosophischer Betrachtung so inne wohnen wie Aktiva und Passiva zu einer Bilanz. Gesamtheitlich kann also nur das Ich mit dem Es als Ich verstanden werden. Es ergibt einfach keinen Unterschied, ob das Ich zwar "Nein sagt" aber das Es "es will", da erst im Kontext beide als ein Ich subsumiert werden - ein Individuum werden - die Konflikte des Indivdums mit seinen untergeordneten Trieben allein, sind keine ausrreichende Erklärung um das Individuum von seinem Ich-Selbst-Losgelöstem zu verstehen. Um nun also ein kollektives Bewusstsein erklärbar zu machen, benötigt das Ich ein Über-Ich. Es ist eine Ansammlung von Erkenntnissen und Erlerntem, das wie ein verbindendes Protokoll zwischen dem Ich und dem Kollektiven wirkt. Das Über-Ich nährt sich aus den Erkenntnisse des kollektiven Bewusstseins, es beschreibt sich als Schnittmenge des Ichs, des Es und dem Kollektiven und ist eigentlich jenes Element des Verstehens zwischen den Individuen - denn kein Individuum versteht die tatsächlichen Triebe meines Es als die Triebe des Ichs meines Nächsten. Das Über-Ich ist die Konstruktion eines beständigen kollektiven Bewusstseins - in ihm finden sich die Überschneidungen - in ihm finden sich die Wahrheiten eines kollektiven Seins in seiner Bewusstmachung. Und so wird, eine Zeit des Nachdenkens, zu einer Zeit des Nachlesens. So erkennt der wahre kritsche Geist, die Nichtigkeit des Lesens und seine Absurdität. Der fremd indizierte Gedanke ist keine Bereicherung für das kollektive Bewusstsein - er ist Arbeit als Lernprozess - er ist rein Induktiv und wiederholt sich durch die Bemühungen jedes Wort wie bare Münze zu nehmen. Die Erkenntnis ist endlich gelöst vom Aufnehmenden und wird deduktiv - befasst sich mit der Problematik des naheliegendem Problems. Sie will sich nicht weiter beeinflussen lassen und wird zur Beeinflussung selbst - im besten Fall. Das kollektive Bewusstsein wird durch das sich von Normen ablösende indivudelle Bewusstsein bestimmt - der Leser, hört er hier auf zu Lesen, wird zum Konstruktivisten des kollektiven Bewusstseins - er beginnt hier auzuhören zu lesen und denkt ein neues Hier.

Thomas Maier
Thomas Maier Impressum und Datenschutz Gedankenprotokoll 2022-08-03
Nutze die Kommentarfunktion ➙